Unter dem Titel »Durchblick. Lilly Lulay und Susa Templin« präsentieren wir eine Gegenüberstellung fotografischer Werke der beiden Frankfurter Künstlerinnen. Sie entkontextualisieren und fragmentieren, schichten und überlagern ihr Bildmaterial und kommen zu spannenden, häufig dreidimensionalen Lösungen. Auf diese Weise befragen sie unsere Sehgewohnheiten und Wahrnehmung von Bildern, führen uns Dahinterliegendes vor Augen und gewähren uns immer wieder neu und anders den (vermeintlichen) Durchblick. Dabei bedienen sich die beiden Künstlerinnen ganz unterschiedlicher Themenfelder und Motive.
Lilly Lulay (* 1985) baut ihre Werkreihen meist aus Fragmenten gefundener Bilder, die sie zu Collagen, Filmen oder raumgreifenden Installationen arrangiert. Ein zentraler Aspekt ist dabei für sie die Frage nach der Bildproduktion und -manipulation von Fotografie, wie wir es in den präsentierten Werkserien »Zeitreisende«, »Construction d’images (Cologne 1961)« sowie der Filmarbeit »Istanbul, up and down« thematisiert finden.
In ihren jüngeren Arbeiten gilt Lilly Lulays besondere Aufmerksamkeit der digitalen Bildverarbeitung und -speicherung. Wie werden (Bild-)Informationen gesammelt? Wie gehen wir mit den Bildern um, die uns tagtäglich umgeben? Worauf richten wir unseren Fokus? Was lesen die Algorithmen der riesigen digitalen Datenspeicher aus unseren Bilddaten heraus? Und wie wird diese Auswertung mit unserer Wahrnehmung rückgekoppelt? In ihren Werkreihen »Digital Dust« und »Lesson I: The Algorithmic Gaze« gestaltet Lilly Lulay das Prinzip digitaler Bildspeicher durch Algorithmen nach und macht damit deutlich, dass Informationen – ob von einer Person oder einer Künstlichen Intelligenz (KI) – immer selektiv verarbeitet werden.
Susa Templin (* 1965) verwendet für ihre Arbeiten Aufnahmen architektonischer Versatzstücke wie Wände, Türen oder Fenster. Damit greift sie traditionelle Sujets der Kunstgeschichte auf, die im übertragenen Sinn auch als Schwellenorte seelischer Veränderungen und Übergänge verstanden werden können. Die Fenstertür in der Fotoserie »Kamera« etwa wird zum Auge in die Welt.
In ihren jüngsten fotografischen Installationen untersucht sie die Wahrnehmung von Räumen, indem sie sie dekonstruiert und wieder neu zusammenfügt. Dafür nimmt Susa Templin mit ihrer analogen Mittelformatkamera architektonische Elemente in den Blick und lichtet sie ab. Die Fotografien ordnet sie in kleinen Modellen an, fotografiert diese erneut und überlagert abschließend eine Vielzahl an Raumgefügen, indem sie sie auf großformatige transparente Folien druckt. Das Ergebnis ist ein Labyrinth abstrakter Raumideen, das den Betrachterinnen und Betrachtern beim Durchschreiten eine schier unendliche Zahl von Raumwahrnehmungen ermöglicht.