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Ihre Kunststiftung DZ BANK
Zwischen 1942 und 1944 wurde auf Befehl Adolf Hitlers durch die paramilitärische »Organisation Todt« auf einer Länge von etwa 2.700 Kilometern entlang des Atlantiks, des Ärmelkanals und der Nordsee zwischen Norwegen und Südfrankreich eine Verteidigungslinie errichtet. Sie umfasste über 8.000 Bunkeranlagen. Diese kolossartigen brutalistischen Bauten sollten das NS-Regime vor einer Invasion der Westalliierten schützen. Für den Bau, der in kürzester Zeit ausgeführt werden musste, wurden nicht nur Unmengen von Baumaterial bewegt und verarbeitet, sondern auch nahezu 300.000 Inhaftierte, Regimegegner und Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten völkerrechtswidrig eingesetzt.
Der französische Philosoph Paul Virilio hat die Bunkeranlagen des »Atlantikwalls« in jahrelanger Recherche- und Dokumentationsarbeit untersucht. In seinem Buch »Bunkerarchäologie« (1967) kombiniert er Fotografien, Baupläne, historische Forschung und militärische Anweisungen mit philosophischen Essays, um die Bedeutung dieser Strukturen zu erforschen.
Paul Virilio betrachtet die Bunker als Symbole der menschlichen Destruktivität und der Kriegsindustrie. Ihm zufolge haben diese Bauten nicht nur eine militärische Bedeutung, sondern auch eine kulturelle und psychologische: Sie spiegeln die »Todesmacht« und die destruktiven Tendenzen der modernen Gesellschaft wider.
In seiner Anfang der 1990er Jahre entstandenen Werkreihe »Bunker« geht der Künstler Erasmus Schröter diesen teils erhaltenen, teils als zerstörte oder verfallene Überreste verbliebenen Architekturen nach. Er fotografiert sie bei Nacht oder kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Durch den Einsatz von künstlichen farbigen Lichtquellen inszeniert er die Bauten in einer fast theatralischen Wirkung, er »apostrophiert die Farben […] als ›obszöne Farben‹«1. Oft setzt Erasmus Schröter Komplementärfarben ein und leuchtet das Innere und die äußere Schale aus, wodurch die Baukörper in ihrer bedrohlichen Wuchtigkeit erfahrbar werden.
In ihrer traum(a)artigen Erscheinung werden die Bunkerarchitekturen so zu Zeugen und Mahnmalen einer der dunkelsten Epochen der Menschheitsgeschichte.
Erasmus Schröter wurde 1956 in Leipzig geboren, wo er 2021 verstarb.
1Klaus Honnef: »Das Schaudern der Seele. Zu Erasmus Schröters Bunkerbildern«, in: Bunker. Erasmus Schröter. Fotografien, Dresden: Verlag der Kunst 1996, S. 8.