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Ihr Kunststiftung DZ BANK
»Familienbilder« lautet das Thema der Ausstellung, in der wir Arbeiten von drei Künstlern vereinen, in denen uns »Familie« ebenso als Gemeinschaft von Verwandten wie auch als Gruppe enger Freunde vorgestellt wird.
Mit den Aufnahmen von Virxilio Viéitez zeigen wir beispielsweise ganz klassische »Familienbilder«. Der Spanier wird 1930 in Soutelo de Montes geboren, einem kleinen Dorf in Galicien im Nordwesten Spaniens. Nach einigen Lehrjahren bei Fotografen in Aragonien kehrt Viéitez Mitte der 1950er Jahre in seine Heimatregion zurück, wo er sich als Porträtfotograf einen Namen macht. Vor Landschaftshintergründen oder dörflicher Kulisse positioniert er seine Auftraggeber in der Bildmitte, von wo aus sie uns frontal anblicken. Der statische Bildaufbau bestimmt nahezu alle seine schwarz-weißen »Familienbilder« aus den Fünfzigern und Sechzigern, die in den 1990er Jahren zu der Serie »Album« zusammengefasst werden. Ein wenig steif und unsicher, aber auch stolz tragen die Porträtierten ihre Sonntagskleidung zur Schau. Viéitez platziert sie zwischen Blätterbouquets, stellt ihnen Tiere (etwa eine Ziege) zur Seite oder fotografiert sie neben Statussymbolen wie einem Radio oder Auto. Galicien ist von jeher eine wirtschaftlich schwache Region und seit dem frühen 19. Jahrhundert von wiederholten Auswanderungswellen betroffen. Zur Zeit der Entstehung der Porträtbilder sind die meisten Landbewohner arm; teure Kleidung und Luxusgüter können sie sich nur mit der finanziellen Unterstützung emigrierter Verwandter leisten. Zum Dank lassen sie sich fotografieren und schicken die Fotos ihren Familienangehörigen.
Gegen diese Bilder wirken die Fotos von Will McBride wie Aufnahmen für das private Album: mit nacktem Oberkörper raufende Freunde, lachende Paare oder Fotos von Badenden. Tatsächlich sind die Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus den späten 1950er und 1960er Jahren jedoch allesamt Fotografien, die er im Auftrag für Magazine arrangiert und geschossen hat. McBride kommt 1953 als US-Soldat nach Deutschland, wo er als Fotojournalist für Magazine wie »Life« oder »Stern«, zudem für die Illustrierten »Quick« und »twen« arbeitet – wenngleich ihm seine ungewöhnlichen Bildausschnitte und Perspektiven wie auch die grobkörnigen Aufnahmen schon damals den Ruf eines Künstlers einbringen. Er wolle sich in seinen Arbeiten »widerspiegeln«, so schildert er sein fotografisches Ansinnen, indem er Situationen fotografiere, in denen er selbst Teil des Geschehens sei. Daher verwundert es kaum, dass der Ausgangspunkt der Motivwahl stets sein persönliches Erleben ist. Dass die abgelichteten Szenerien meist inszeniert sind, stellt für ihn keinen Widerspruch dar. So lässt McBride vielfach Momente, die er zwar erlebt, aber nicht fotografisch festgehalten hat, erneut für die Kamera »nachspielen«, wie etwa die Rauferei im Zimmer seines Freundes Jan. Schließlich geht es ihm weniger um den dokumentarischen Gehalt als um die »persönlich-emotionale Wahrheit« seiner Bilder.
An dritter Stelle zeigen wir Arbeiten von Wolfgang Tillmans, mit denen er in den frühen 1990er Jahren bekannt geworden ist: In Gruppenfotos oder Einzelporträts fotografiert er befreundete Jugendliche der Berliner und Londoner Szene. »›Post-Wall, Post-80s, Post-Greed‹, befreit polysexuell, politisch aufgeladen, gesamteuropäisches Techno und House Dancing freier Geister«, so beschreibt Tillmans die Jugend am Ende des 20. Jahrhunderts, die ihm gleichsam zur »neuen Familie« wird. Zunächst für das Street-Culture-Magazin »i-D«, ab 1993 auch für den Ausstellungsbetrieb fertigt er Fotos an, in denen er seine Freunde in ihrem Auftreten und Umfeld abzubilden sucht. Handelt es sich hierbei noch um Sozialstudien seines Freundeskreises, erweitert Tillmans sein künstlerisches Schaffen in den folgenden Jahren buchstäblich um »Aufnahmen« seiner Zeit: In installativen Ausstellungsprojekten ergänzt er seine Freundesfotografien, Stillleben-Arrangements oder abstrakten Bildexperimente um Zeitungsausschnitte, Videoarbeiten oder Musikaufnahmen und lädt den Betrachter ein, einen neuen, zumindest aber einen »anderen Blick« auf die Welt zu wagen.
Auch wenn die präsentierten frühen Arbeiten wie spontane Aufnahmen aussehen mögen, geht es Tillmans – wie auch Will McBride – keineswegs darum, konkrete Momente fotografisch zu dokumentieren und damit »authentische« Bilder seiner Clique zu präsentieren. Ganz im Gegenteil: Er inszeniert seine Fotomotive, indem er seine Freunde in gestellten Posen ablichtet. Damit unterläuft er nach eigenem Bekunden ganz bewusst den »Wunsch des Publikums nach ›authentischen‹ Bildern«. »Vielmehr hat mich«, so Tillmans, »interessiert, wie ich Menschen und Dinge so fotografieren kann, dass das, was ich an und in ihnen sehe, hinterher auf dem Bild immer noch so aussieht, wie ich es empfunden hatte.«
Virxilio Viéitez wurde 1930 in Soutelo de Montes geboren, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 2008 lebte und arbeitete.
Will McBride wurde 1931 in Saint Louis in den USA geboren. Seit 1953 lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod im Jahr 2015 in Deutschland und Italien.
Wolfgang Tillmans wurde 1968 in Remscheid geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin und London.