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Ihr Kunststiftung DZ BANK
Johannes Brus lässt in einem Garten Gurken auf dem Tisch tanzen. Wie von Zauberhand fangen die Schlangengurken an, sich zu bewegen. Immer wilder scheint ihr Tanz zu werden, bis auch der Tisch in Bewegung gerät und sich schließlich alles in Luft auflöst. Der Titel des 27-teiligen Fototableaus aus dem Jahr 1972 lautet »Gurkenparty«. Es ist eine der frühesten fotografischen Arbeiten des Künstlers, der sich erst nach Abschluss seines Studiums der Bildhauerei an der Düsseldorfer Kunstakademie der Fotografie zuwendet. Was ihn in seinem betont künstlerisch-freien Umgang mit der Fotografie zunächst interessiert, ist ein Perspektivwechsel: Mit Hilfe der Kamera nimmt Brus die Rolle des Betrachters ein, der sich seinen plastischen Objekten und Arrangements in einem dynamischen Wahrnehmungsprozess nähert. Aus dieser Idee entwickelt Brus die serielle Anordnung von Bildern, die den Bewegungsablauf der (mit Nylonschnüren an einem Ast baumelnden) Gurken in seiner Zeitlichkeit wahrnehmbar machen. Zugleich muss die humorvolle Bilderreihe aber auch im Zusammenhang mit Brus‘ Interesse an spiritistischer Fotografie gesehen werden. Indem er dem Betrachter geisterhafte Kräfte vorgaukelt, die die Gurken tanzen und den Tisch in Bewegung geraten lassen, führt er die Vorstellung einer »Objektivität von Fotografie«, so Christina Leber, mit einem Augenzwinkern »ad absurdum«.
Auch Helmut Schweizer gibt in seinen Bildsequenzen einen prozessualen Ablauf wieder. Als »Sequenzen zu Zivilisation und Natur und Transformationen pflanzlicher Materialien« beschreibt er die dreiteiligen Bilderfolgen, in denen er verschiedene Handlungen in immer derselben Abfolge vorstellt: Vorher – Handlung – Nachher. Während der Künstler in der Fotoserie »Handlungen – Alltägliches« von 1972 den Blick auf Aktionen aus dem häuslichen Zusammenhang lenkt, spürt er in der Werkreihe »Handlungen – Erinnerungen« aus den Jahren 1970 bis 1974 Eingriffen in die Natur nach. Dabei richtet er den Fokus stets auf das zu verändernde Detail sowie seine Hand, die die jeweilige Handlung durchführt. Die Bildsequenzen muten wie eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme an, und tatsächlich bezeichnet ihn Annelie Pohlen auch als einen »Künstlerforscher«.
»Mir reicht es nicht, eine Skulptur zu machen, die schön ist […]. Mich interessiert die Veränderung, dass andere Kräfte ins Spiel kommen«, so der Schweizer Künstler Roman Signer. Dabei gehe es ihm »immer um Probleme im Raum, das Geschehen im Raum, um Zeitabläufe«. So beschreibt er sein künstlerisches Schaffen, in dem Momente von Bewegung und Beschleunigung ebenso wie Explosionen eine zentrale Rolle spielen. In mitunter spektakulären Aktionen lässt Signer sogenannte »Zeitskulpturen« entstehen. Diese skulpturalen Ereignisse sind mal gewaltsam, mal albern und zeugen von einer geradezu kindlichen Freude am Experimentieren. So nimmt er beispielsweise für die Arbeit »Flugblätter« aus dem Jahr 1981 den titelgebenden Begriff wörtlich und feuert zahlreiche Blätter in die Luft, die dann langsam zu Boden fliegen. Und für die »Aktion im Kurhaus Weissbad, AI« katapultiert er 1992 mit einer Schleuder einen Hocker aus einem Fenster des Kurhauses. Beide Male handelt es sich um vergängliche Skulpturen, die nur im kurzen Moment der Aktion wahrnehmbar sind. Dass er »gerne in Zeitlupe sehen können würde«, ist zweifellos mit ein Grund dafür, dass er die künstlerischen Aktionen in Fotoserien dokumentieren lässt.
Dagegen sieht man in den Fotobildern von Erwin Wurm Momentaufnahmen seiner frühen »One Minute Sculptures« aus dem Jahr 1997. Dabei handelt es sich um temporäre Skulpturen, die Wurm mit Freunden und Mitarbeitern des Künstlerhauses Bremen für eine Einzelausstellung realisiert hat. »Bei den einzelnen Skulpturen und Positionen ließ ich mich von den herumliegenden Gegenständen leiten und habe so den Entwurf der Arbeit gänzlich auf die Idee gestützt, Themen und Materialien des Alltags zu verwenden«, erläutert der Künstler die Idee seiner Skulpturen, für die er auch den Menschen und seinen Körper zum künstlerischen Material erhebt und damit einen erweiterten Skulpturenbegriff etabliert. Wurm arrangiert die vorgefundenen Materialien und Akteure in denkbar kniffligen Positionen, die sich bisweilen nur wenige Sekunden halten lassen. Während Wurm seine späteren »One Minute Sculptures« durch die Ausstellungsbesucher an Ort und Stelle realisieren lässt, entwickelt er 1997 die Skulpturen noch im Vorfeld der Ausstellung, in der dann lediglich die Video- und Fotodokumentationen der Aktionen zu sehen waren.
Johannes Brus, 1942 in Gelsenkirchen, Deutschland geboren, lebt und arbeitet in Essen-Kettwig und Braunschweig.
Helmut Schweizer, 1946 in Stuttgart, Deutschland geboren, lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Roman Signer, 1938 in Appenzell, Schweiz geboren, lebt und arbeitet in St. Gallen.
Erwin Wurm wurde 1954 in Wien, Österreich geboren, wo er auch heute lebt und arbeitet.