Bernard Faucon, On a réalisé ce qu’on a rêvé, on n’a plus rien, 1991-1993

Fotografie und Text

Bernard Faucon
Magdalena Jetelová
Beatrice Minda
Adrian Williams

 

Die Verbindung von Fotografie und geschriebenem Wort ist das Thema dieser Etagenausstellung. Dabei begegnen sich Foto und Text auf ganz unterschiedliche Weise: Mal werden Schriftzüge zum Fotomotiv – und damit auch zum ästhetischen wie inhaltlichen Bestandteil des fotografischen Bildes –, mal verstärkt ein beigefügter Text die narrative Ebene der Fotografie oder erweitert sie um neue Bedeutungsaspekte.

Der französische Künstler und Schriftsteller Bernard Faucon fotografiert für seine Bildreihe »Les Écritures« aus den Jahren 1991 bis 1993 Schriftzüge vor landschaftlichem Hintergrund. Nachdem er sich seit den späten 1970er Jahren der Fotografie zugewandt hat, beginnt Faucon für »Les Écritures« Texte abzulichten. »Das Vergnügen des Sagens ist ein anderes, als das des Zeigens; es in eigenen Worten zu sagen[…]«, beschreibt Faucon seinen Wunsch, über die bloß visuelle Vermittlung »persönlicher Wahrheiten« hinauszugehen, indem er seinen Fotos eine sprachliche Ebene hinzufügt. Hierfür überträgt Faucon handschriftlich notierte Überlegungen in großformatige Holzwörter, deren Oberseite er mit reflektierendem Scotchlite-Material überzieht. Dergestalt platziert er seine Sätze in der Natur und fotografiert sie mit starkem Blitzlicht ab. So werden die Wörter in den Aufnahmen zu leuchtenden Schriftbändern, mit denen Bernard Faucon seine Gedanken der Landschaftsszenerie regelrecht physisch einschreibt.

Auch die tschechische Bildhauerin und Fotografin Magdalena Jetelová ›zeichnet‹ Wörter und Textfragmente in die Landschaft. Für ihre Bilderserie »Atlantic Wall« aus dem Jahr 1995 lichtet Jetelová entlang der jütländischen Küste in Dänemark alte Militärbunker ab, über die sie mit dem Laserstrahl Sätze aus Paul Virilios 1975 erschienenem Buch »Bunker-Archäologie« projiziert. Die Betonbauten gehören zu einer mehrere tausend Kilometer langen Verteidigungslinie – dem titelgebenden »Atlantikwall« –, die während des Zweiten Weltkriegs von der deutschen Wehrmacht errichtet wurde. Fasziniert von den Bunkern, die mittlerweile von Wasser und Sand unterspült, teilweise gekippt sind oder sogar einige Meter weit ins Meer hinausgetragen wurden, hebt Jetelová die zerfallene Architektur der Wehranlagen hervor, indem sie mit der Laserschrift die Linien der Militärbauten aufgreift. Gleichzeitig verweist die Künstlerin mit den eingeblendeten Texten auf die einstige Bedeutung der Militärarchitektur: »Das latente kriegsgeschichtliche apokalyptische Sinn-Potential […] wartete darauf, ›entborgen‹ und kritisch zur Erscheinung oder vielmehr zum ›Reden‹ gebracht zu werden«, erläutert der Kunsthistoriker Klaus Wolbert Jetelovás Bilderserie.

Demgegenüber stellt die deutsche Fotografin Beatrice Minda ihren Fotobildern der Reihe »Tea Time in Tehran« Texte als Hintergrundinformation zur Seite. 2012 fotografiert Minda auf ihrer Reise durch den Iran eine alte herrschaftliche Villa im Zentrum der iranischen Hauptstadt. In dem Anwesen hat einst eine persische Familie über mehrere Generationen gelebt – heute hütet nurmehr ein Diener das verlassene Haus. In ihren Aufnahmen lenkt Minda unseren Blick auf die verwaisten Innenräume, deren bunte Mischung von orientalischen und westlichen Architekturelementen und Einrichtungsgegenständen die »Geschichte ihrer Bewohner preisgibt« ebenso, wie sie »die Geschichte des Landes« verrät, so Christiane Stahl. Durch die beigefügten Texte, in denen Beatrice Minda die ehemaligen Hausbewohner zu Wort kommen lässt, erkennen wir einmal mehr das erzählerische Moment der eindrücklichen Aufnahmen.

Ganz anders erweist sich die Verbindung von Bild und Text in den Arbeiten von Adrian Williams. Genau genommen gibt es überhaupt keine Verbindung in den Bild-Text-Montagen der gebürtigen US-Amerikanerin. Zum einen fotografiert Williams menschenleere Orte, die ihr einfach in den Blick geraten, »ihr begegnen«, wie Peter Gorschlüter es formuliert. Zum anderen schreibt die Künstlerin kurze Erzählungen – Situationen, die ihr spontan in den Sinn kommen. Die Fotoaufnahmen klebt sie auf weißes Papier und sammelt sie in Kartons. Auch die Blätter und Papierschnipsel, auf denen sie ihre Kurzgeschichten notiert, bewahrt sie in Schachteln auf. Für ihre Werke beginnt Williams dann, das zusammengetragene Bild- und Textmaterial zu kombinieren. Sie legt Bilder neben Texte und probiert so lange neue Zusammenstellungen aus, bis sie zu einer für sie zufriedenstellenden Paarung gelangt. Anschließend überträgt Williams den Text auf das Papier mit dem bereits befestigten Bild. Mal schreibt sie die Geschichte unter das Bild, mal um es herum, daneben oder auf dem Kopf stehend. Dabei geht es ihr jedoch nicht um eine narrative Kontextualisierung von Bild und Wort. Vielmehr schreibt Adrian Williams in ihren Arbeiten, so Gorschlüter, »den fotografischen Raum fort als […] Vorstellungsraum in einen poetischen Raum hinein«.

 

Bernard Faucon wurde 1950 in Apt, Frankreich geboren. Er lebt und arbeitet in Paris.

Magdalena Jetelová wurde 1946 in Semily, Tschecheslowakei geboren. Sie lebt und arbeitet in München, Düsseldorf und Prag.

Beatrice Minda wurde 1968 in München, Deutschland geboren. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Adrian Williams wurde 1979 in Portland, Oregon, USA geboren. Sie lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.

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