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Arnold Odermatt ist kein professioneller Fotograf, sondern Polizist. Über vierzig Jahre leitete er die Polizeidienststelle im Schweizer Kanton Nidwalden. Seine Fotografien von Verkehrsunfällen auf den Landstraßen der Schweizer Alpenregion dienten ihm zunächst zur Bestandsaufnahme und Rekonstruktion von Unfallhergängen. Anschließend schießt der leidenschaftliche Amateurfotograf für die private Fotosammlung weitere Bilder von den Szenerien der Zusammenstöße. Meist auf dem Dach des Polizeiwagens stehend, nimmt Odermatt die zerbeulten Autos und die Kreidemarkierungen auf den Straßen in ebenso erschreckender wie faszinierender Direktheit mit der Kamera in den Blick. Die über Jahrzehnte in Vergessenheit geratenen Aufnahmen erfahren erst nach der Pensionierung des Polizisten eine kunsthistorische Würdigung. Es sind Bilder von einer beeindruckenden Ästhetik, die uns die Tragik des Gezeigten fast vergessen lassen – zumal die Opfer der »Karambolagen«, so der euphemistische Buchtitel einer Zusammenstellung seiner Unfallbilder, auf keinem seiner Fotos gezeigt werden. So können die deformierten Autowracks aus zusammengeschobenem Blech und gesplittertem Glas als dramatisches Zeugnis eines kurzen Augenblicks der Unachtsamkeit oder Fahrlässigkeit und zugleich als skulpturale Objekte gesehen werden.
Eine ganz andere Straßenszenerie beobachtet der Videokünstler und Fotograf Marcel Odenbach mit der Kamera. »Alles läuft nach Plan« lautet der ironische Titel des Foto-Diptychons aus dem Jahr 2002. Die beiden kleinformatigen Bilder zeigen einen Stau am Euskirchener Dreieck während des Osterreiseverkehrs. Der Verkehr ist vollständig zum Erliegen gekommen, an ein Weiterkommen ist vorerst nicht zu denken. Daher beginnen die Menschen, ihre Autos zu verlassen, sich die Beine zu vertreten, auf dem Türrahmen stehend nach dem Grund des Stillstands zu spähen oder, mit verschränkten Armen an ihr Auto gelehnt, schlicht zu warten. Marcel Odenbach jedenfalls weiß die Zeit zu nutzen und entwirft in seinen Aufnahmen eine »regelrechte Typologie spezifischer Haltungen und Verhaltensweisen im Stau«, so Hubert Beck.
Mit den Fotografien von Gerd Kittel richten wir den Blick in die USA. Als ein »fotografisches Road Movie« bezeichnet Michael Koetzle den großangelegten Werkzyklus »Route 66 – The Final Cut« des deutschen Fotografen. Seit den 1980er Jahren begibt sich Kittel immer wieder mit Kleinbildkamera und Stativ auf die Spur der legendären Straße von Chicago bis Santa Monica – und fotografiert. Einst der Inbegriff des amerikanischen Traums, ist der Highway heute nur noch ein »Auslaufmodell«, wie es Koetzle formuliert: Abschnitte der Straße sind zu Schotterpisten verkommen, Restaurants, Motels und Drive Ins sind verlassen und heruntergekommen und auch die zahlreichen Tankstellen entlang der Verbindungsstraße von der Ost- zur Westküste verschwinden mehr und mehr. Dazwischen finden sich kleine Shops, in denen am Mythos der Straße festgehalten wird – bis unter die Decke mit Route 66-Devotionalien vollgestopft. Ihre Besitzer harren der Touristen. »Man muss weit fahren und viel schauen, um etwas zu sehen«, berichtet der Künstler, der in seinem Foto-Essay ein eindrucksvolles Bild von der verschwindenden »Straßenkultur« der Route 66 zeichnet.
Dagegen nimmt Max Regenberg nicht die Straßen selbst, sondern vielmehr großformatige Werbetafeln entlang der Straße ins Visier. Seit den späten 1970er Jahren fotografiert er Werbeplakate im öffentlichen Raum, anfangs noch in Schwarz-Weiß, seit den 1990er Jahren auch in Farbe. Mit seinen Aufnahmen reflektiert und thematisiert Regenberg die Wirkung von Werbebildern und ihre optische Wahrnehmung im Kontext ihres Umfeldes. Er begnügt sich aber nicht damit, die riesigen Billboards einfach fotografisch zu dokumentieren. Für seine Arbeiten inszeniert der gelernte Werbefotograf die Plakate in einer »Bild-im-Bild-Situation«, in der »Welt und Bild verschmelzen«, wie Klaus Honnef die subtile Bildästhetik der Arbeiten Max Regenbergs beschreibt. So gerät etwa die bildparallel aufgenommene riesige Hausmauer im Foto »Haus Meran I, L.B. System Köln« zur überdimensionierten Rahmung der Calvin Klein-Werbung. Und in der Fotografie »LA Billboards #1« korrespondiert die schräge Ausrichtung der Billboard-Halterung sowohl mit dem nach rechts gerichteten Lichtstrahl im Werbebild selbst als auch mit der kursiven Laufrichtung des Mauerschriftzuges »Auto Zone«. Dergestalt greift Max Regenberg Dynamiken und Perspektiven der fotografierten Werbetafeln auf und führt sie in der Ästhetik seiner fotografischen Bildkompositionen fort.
Arnold Odermatt wurde 1925 in Oberdorf, Kanton Nidwalden, Schweiz geboren. Er lebt und arbeitet in Stans, Kanton Nidwalden, Schweiz.
Marcel Odenbach wurde 1953 in Köln, Deutschland geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin und Köln sowie in Cape Coast, Ghana.
Gerd Kittel wurde 1948 in Düsseldorf, Deutschland geboren. Er lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.
Max Regenberg wurde 1951 in Bremerhaven, Deutschland geboren. Er lebt und arbeitet in Köln.