Luigi Ghirri (1943–1992), Verso Migliarino, 1988

Luigi Ghirri

Rahmen der Realität

 

Luigi Ghirri gilt als Wegbereiter der europäischen Farbfotografie. Als einer der Ersten bedient er sich in den 1970er Jahren des neuen Mediums, das zunächst nur bei Amateurfotografen beliebt ist. Seine stringenten Kompositionen fokussieren auf unscheinbare Orte seines Heimatlandes Italien und entlocken ihnen einen inneren Farbklang. Kleine Formate fordern die Konzentration der Betrachtenden und unterstreichen seine Zurückhaltung bei der Wahl der Motive.

»Fotografieren heißt, einen Ausschnitt aus der Realität zu wählen und sie in einen Rahmen einzupassen, um den Blick zu konzentrieren«, so Luigi Ghirri. In seinen Arbeiten beobachtet er, wie die Realität selbst die Bilder formt, die er dann als Fotograf mit der Kamera aufnimmt. Er fotografiert Durchblicke und Ausblicke aus Fenstern, Torbögen und Felsspalten, die ein Bild im Bild entstehen lassen. Gezielt verstärkt Ghirri dabei die Lichteindrücke seiner Motive und spielt mit den Grenzen von Vorder- und Hintergrund.

Im Gegenlicht fotografiert, erscheinen die Streben des gotischen Doms von Orvieto durch den dunklen Rahmen eines offenen Fensters in sechs quadratische Ausschnitte geteilt. Von starkem Blitzlicht erhellt, rahmen die Felsen der idyllischen Hafenstadt Polignano Meer und Himmel, die sich wie zu einer dunklen Masse vereint in die Bucht ergießen. Im gelben Licht eines Restaurants in Ponza wird der Ausblick auf den Hafen zur Hintergrundkulisse.

In der Serie »Architektur und Graffiti« dagegen bekommen Vorder- und Hintergrund das gleiche Gewicht, fast wie in den Malereien und Zeichnungen des Künstlers Giorgio Morandi, dessen Atelier Ghirri 1989 fotografiert. Ghirri nimmt geometrische Wandmalereien in Torino, Capri und Modena auf. Die in weiches Licht getauchten Architekturen, auf denen sie platziert sind, erscheinen dabei selbst wie gemalt. So schreibt Ghirri 1978 im Vorwort seines Buchs »Kodachrome«: »Die Fotomontage hat bereits stattgefunden: sie besteht in der realen Welt«.

 

Luigi Ghirri wurde 1943 in Scandiano geboren. Bis zu seinem Tod 1992 lebte er in Rincocesi und arbeitete er in der Region Emilia-Romana, Italien.

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