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Ihr Kunststiftung DZ BANK
Als Konzeptkünstler setzt sich Timm Ulrichs mit den Konventionen des Kunstbetriebs auseinander. Wie er von sich selbst sagt, ist er der einzige Fotograf, der keine Kamera besitzt. Auch die Fotografien für seine Serie »Blaues Wunder« sind Auftragsarbeiten. Denn Ulrichs interessieren weniger die einzelnen Fotografien oder das Motiv. Ihn beschäftigt die Art und Weise, wie diese wahrgenommen werden.
Wer »sein blaues Wunder erlebt«, macht Bekanntschaft mit einer unliebsamen Überraschung oder einem unerwarteten Ereignis. In dem mehrteiligen fotografischen Werk »Blaues Wunder« von Timm Ulrichs wird man mit einer solchen Durchkreuzung des Erwarteten konfrontiert: Wie magisch voneinander angezogen scheinen sich etwa 180 blau eingefärbte Schnecken zu einem Quadrat zusammenzufinden. Dabei bedient sich Ulrichs eines konzeptuellen Tricks, der mit unserer eingeübten Leserichtung spielt: Anstatt die Bilder in der Reihenfolge ihrer Entstehung aufzuhängen, kehrt er die Sequenz um. Von links oben nach rechts unten »gelesen« ergibt sich der Eindruck, das Quadrat würde sich formen, obwohl es eigentlich die Ausgangsposition der Schnecken zeigt. Durch dieses absichtliche »Missverständnis« kolportiert Ulrichs die gewohnte Bildinterpretation in Leserichtung.
Mit der Form des Quadrats greift Ulrichs zudem eine Schlüsselfigur der Kunst des 20. Jahrhunderts auf. So besann sich etwa Kasimir Malewitsch mit seinem »Schwarzen Quadrat« (1915) auf die Ursprünge der Kunst im Geistigen. Auch Ulrichs’ Zeitgenossen der Minimal Art verwendeten das Quadrat, um den gestischen Charakter der Kunst weitestgehend zu reduzieren und sie mit industriellen Fertigungsweisen zu verbinden. Ulrichs’ mit Dispersionsfarbe bemalte Schnecken widersetzen sich diesem technischen Reduktionismus: Nach Aussage des Künstlers sind sie eine Referenz an den männlichen Seidenlaubenvogel, der blaue Gegenstände aus unterschiedlichen Materialien sammelt und in einem quadratischen Nest zum Paarungstanz anhäuft. Zugleich ähnelt die fotografische Serie einem Experiment der Verhaltensforschung der 1960er Jahre, in dem durch fotografische Dokumentation bestimmte Muster im tierischen Verhalten erkannt werden sollte.
Timm Ulrichs wurde 1940 in Berlin geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin, Münster und Hannover.